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Eine effektive Kommunikation ist im Change ein Erfolgsfaktor. Falls in einem Unternehmen die Entscheidung für die Etablierung einer Projektorganisation fällt, muss gleichzeitig auch für eine unterstützende Kommunikation gesorgt werden. Es zeigt sich allerdings nicht selten, dass Unternehmen damit Probleme haben. Hier kommen auf Basis meiner Erfahrungen und Beobachtungen 12 ½ Thesen zur Kommunikation im Rahmen von Change-Projekten.

Von Jan C. Weilbacher

1. Die Notwendigkeit zur Kommunikation im Change wird fast immer unterschätzt

Ich sehe immer wieder, wie stiefmütterlich das Thema Kommunikation im Change behandelt wird. Da gibt es zu der Software-Einführung nur einen Intranet-Eintrag oder zum neuen Mitarbeitergespräch lediglich eine Rundmail. Oder über die Restrukturierung wird einmalig in einem Town Hall berichtet. Keine Fragemöglichkeiten, keine Gespräche.
Meist wird die Notwendigkeit zur Kommunikation von den Verantwortlichen zwar erkannt, jedoch wird es häufig für ausreichend gehalten, einmal Informationen zu senden. Ob diese von den Empfängern wirklich verstanden werden, wird schon nicht mehr nachverfolgt. Der Hauptgrund ist meist Bequemlichkeit. Denn respektvolle Kommunikation ist anstrengend und sie braucht Zeit.

2. Change Communication muss zielgruppenadäquat sein – oder sie weicht bewusst davon ab

Wer für Change Communication verantwortlich ist – beispielsweise innerhalb einer Steuerungsgruppe –, muss seine Zielgruppen kennen und, wenn es die Zeit erlaubt, hinsichtlich der Ansprache differenziert vorgehen. Unterschiedliche Bedürfnisse, Haltungen und Kontexte können sowohl zum Einsatz unterschiedlicher Kanäle und Instrumente führen als auch verschiedene Kommunikationsziele sowie inhaltliche Schwerpunktsetzungen zur Folge haben.
Bei einem Thema wie der Einführung eines Social Intranets beispielsweise kann es eine Zielgruppe geben, für die es ausreichend ist, per Mail informiert und von einem Key User geschult zu werden. Diese Zielgruppe hat Lust auf die Erneuerung, ist sehr offen, digital-affin und lernbegierig.
Bei einer anderen Zielgruppe kann es wiederum sein, dass vor der Einführung ein Austauschformat sinnvoll ist, bei dem die Change-Verantwortliche verstehen muss, was die Menschen bewegt.
Allerdings bestätigt die Ausnahme die Regel: Wenn es beispielsweise darum geht, eine neue Kommunikationsplattform zu etablieren und für deren Nutzung Anreize zu setzen, kann es sinnvoll sein, die Bedürfnisse einer Gruppe (nämlich die alte Plattform zu nutzen) zu ignorieren. Um bewusst ein Signal zu setzen, werden dann zum Beispiel alle wichtigen Informationen nur noch auf der neuen Plattform gesendet.

3. Experten für Veränderungskommunikation haben unter anderem die wichtige Rolle als Befähiger und Coach

Die Kommunikation kann bei umfangreichen Veränderungsprojekten nicht nur von einer zentralen Stelle (wie beispielsweise einer Steuerungsgruppe) kommen. Es braucht meist Multiplikatoren, die näher an den unterschiedlichen Zielgruppen dran sind. Das sind meist Führungskräfte. Die fühlen sich allerdings mit der Verantwortung für Kommunikation im Change nicht selten überfordert. Sie brauchen sowohl Unterstützung in Bezug auf Kompetenzentwicklung, Tools und Formaten als auch in Form eines Sparrings bzw. Coachings. Experten für Veränderungskommunikation müssen dafür sorgen, dass die Führungskräfte und Multiplikatoren gut gerüstet sind, um die adäquaten Informationen weiterzugeben, Fragen zu beantworten und meist einen Raum für Dialog anzubieten.

4. Auch wenn der Change aus der Mitte der Organisation vorangetrieben wird, braucht es eine zentrale, koordinierende Position

Es gibt auch Veränderungsvorhaben, die werden bottom-up bzw. aus der Mitte der Organisation vorangetrieben. Graswurzelbewegungen wie Working out Loud brauchen allerdings irgendwann die Unterstützung der Unternehmensleitung, wenn sie langfristig erfolgreich sein sollen. Spätestens dann gibt es meist auch eine zentrale Steuerung, die zum Beispiel für abgestimmte Kernbotschaften sorgt, um mit einem einheitlichen Kommunikationsauftritt eine bestmögliche Verbreitung der Initiative im Konzern zu fördern.

5. Der Nutzen und die Vision müssen klar sein

Change Communication muss Verhaltensveränderungen unterstützen. Hierfür ist ein wesentliches Element, den Nutzen für die Beteiligten deutlich zu machen – und zwar der ganz konkrete Nutzen für die Mitarbeiter*innen. Wenn Menschen keinen Nutzen sehen, fällt ihnen die Veränderung schwer.
Hilfreich ist ebenfalls eine Change Vision, weil sie Orientierung bietet. Wie sieht die Zukunft aus, wenn alle das Social Intranet nutzen. Eine attraktive Zukunft, die klar und einfach verständlich kommuniziert wird, kann die Kraftanstrengung der Mitarbeiter*innen zur Veränderung unterstützen.

6. Große Veränderungen brauchen ein Narrativ, hinter das sich die Mehrheit stellen kann

Manchmal braucht es aber mehr, etwas Größeres, als eine Change Vision.
Umso mehr die Mitarbeiter*innen nämlich immer wieder mit Veränderungen konfrontiert sind, desto eher braucht es ein überzeugendes (Transformations-)Narrativ, das ein gemeinsames Dach für die einzelnen Veränderungen bietet und sie miteinander verbindet. Das Narrativ macht klar, was das Unternehmen ausmacht und wohin es geht. Ein Narrativ sollte eine Sogwirkung entfalten, Identität stiften und Lust auf die Zukunft und/oder die Veränderung machen. Ein Narrativ bildet eine Heimat.

Dieses Narrativ kann beispielsweise erst einmal das der Geschäftsführung und wichtiger Stakeholder sein. Im Laufe der Zeit sollte es aber eines werden, hinter das sich die Mehrheit der Mitarbeiter*innen und Führungskräfte stellen kann. Im besten Falle wird es auch zu ihrem eigenen Narrativ. Die Saat hierzu wird im Entstehungsprozess gesät. Mithilfe gemeinsamer „Lagerfeuer“-Treffen, bei denen prägende Geschichten erzählt und gesammelt werden sowie Feedback-Schleifen wird das Narrativ ergänzt bzw. angepasst, bis sich (fast) alle darin wiederfinden (können).

7. In der Change-Kommunikation ist das Wie wichtiger als das Warum und das Was

In den sozialen Netzwerken und in (virtuellen) Sessions kann man immer wieder hören, wie wichtig es ist, dass das „Warum“ einer Veränderung allen klar ist: Menschen müssen wissen, wofür sie die Anstrengungen der Veränderung auf sich nehmen.
Das stimmt. Doch viel wichtiger ist das „Wie“. Damit meine ich zum Beispiel, dass Mitarbeiter*innen bei der Entwicklung eines Leitbilds beteiligt werden; dass nicht nur informiert wird, sondern Dialog möglich ist; dass Kommunikation wertschätzend passiert und Menschen mit ihren Sorgen gesehen werden. Der Grund für Veränderungen kann noch so einleuchtend sein, wenn Menschen das Gefühl haben, diese werden ihnen aufgezwungen, ohne dass sie gehört werden, zeigen sie Reaktanz. Deswegen ist ja oft ein Killer-Skill: zuhören können.

8. Change Communication zielt zuerst auf Dialog und dann erst auf Information

Change Communication hat viele Facetten, vor allem aber ist sie mehr als nur interne Kommunikation. Ihr Ziel ist in der Regel Verhaltensänderungen mit kommunikativen Mitteln zu unterstützen. Das funktioniert aber selten allein mit Information. Mündige Menschen verändern ihr Verhalten zumindest langfristig nur, wenn die Motivation aus ihnen selbst herauskommt. Hierfür wiederum sollten sie vom Wandel überzeugt sein, einen Nutzen für sich erkennen, sich „wahrgenommen“ und ernstgenommen fühlen sowie Vorbilder ausmachen können, die zeigen, dass sie keine Angst vor der Veränderung haben brauchen. Im besten Falle können sie sich auch einbringen – mit ihren Fähigkeiten und ihrem Know-how.
All das kann mit Information im Sinne einer One-Way-Kommunikation nicht erreicht werden. Sondern es braucht den Austausch

9. Change Communication braucht die Führungskräfte und andere Multiplikatoren

Den gerade erwähnten Dialog können die Steuerungsgruppe und die Unternehmensleitung nicht allein führen. Sondern es braucht ebenfalls die Führungskräfte, die den Dialog wiederum mit ihren Leuten führen (Dialog-Kaskade). Zu oft sieht man aber, dass sich die Unternehmenskommunikation oder ein Transformations-Team mit diversen Maßnahmen abrackert und versucht mit redaktionellen Beiträgen und Newslettern alle Mitarbeiter*innen zu erreichen. Der indirekte Weg über Führungskräfte und Multiplikatoren wird gescheut, weil es zu anstrengend ist.

Doch sobald Organisationen eine gewisse Größe erreicht haben, kann auf Führungskräfte als Multiplikatoren nicht mehr verzichtet werden. Schon allein deswegen, weil sie näher an ihren jeweiligen Mitarbeiter*innen dran sind und qua ihrer Funktion als Vorbild agieren.
Die Verantwortung für eine erfolgreiche Change Communication trägt nicht nur eine zentrale Stelle, sondern alle die den Wandel unterstützen (wollen).

10. Kommunikation muss schon bei der Vorbereitung des Change-Projektes mitgedacht werden – und das Thema gehört in die Steuerungsgruppe

Leider wird Kommunikation im Rahmen von Veränderungsprozessen als Letztes thematisiert. Alles wurde fertig konzipiert, es geht an die Umsetzung und dann denkt jemand an die Kommunikation, was heißt, es wird schnell ein Mailing rausgehauen.

Dabei ist es einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren bei Change-Projekten, von Anfang an die kommunikativen Anforderungen mitzudenken. Es ist auch eine mögliche Strategie, maximal transparent zu sein und bereits die Vorbereitung kommunikativ zu begleiten.

Vor allem aber gehört das Thema Kommunikation im Rahmen von Change-Projekten in die Steuerungsgruppe. Häufig gibt es in den Change-Teams allerdings keine Expertise für Kommunikation und dann wird irgendwann zu einem viel zu späten Zeitpunkt die Unternehmenskommunikation in die Spur geschickt, die die Anforderungen nur so halb verstanden hat. Zumindest die Entscheidungen zu Change Communication müssen in der Steuerungsgruppe bzw. im Change Team fallen.

11. Change Communication muss Themen „verkaufen können“

Sowohl gegenüber Zielgruppen als auch Stakeholdern muss Change Communication in der Lage sein, für etwas überzeugend zu werben und „verkaufen“ zu können. Auf der handwerklichen Ebene kann der Einsatz überraschender Visualisierungen, knackiger Slogans und coolen Wort-Bild-Marken dazu gehören. Die Erfahrung zeigt, dass das Denken in Kampagnen und Brands ziemlich nützlich sein kann.
Aber genauso wichtig ist das persönliche Auftreten, das Begeisterung hervorruft. Eine gute Rhetorik hilft.

12. Meist wird zu schnell in Maßnahmen gedacht, ohne sich wirklich die Ziele und Erfolgsindikatoren zu überlegen

Was wir häufig sehen, ist ein Ideenfeuerwerk in Sachen Kommunikationsmaßnahmen: „Lasst uns einen Podcast machen“, „Wir machen ein geiles Video mit cooler Musik“, „Wir posten was im Intranet“. In der Regel fehlt der Schritt davor. Es ist erstaunlich, dass die Verantwortlichen manchmal gar keine einheitliche Vorstellung von den Zielen der Veränderungskommunikation haben, weil nie darüber gesprochen wurde. Die Klarheit über die Ziele ist aber wichtig, um die richtigen strategischen Hebel und Maßnahmen ableiten zu können. Es gibt keine schlechten Kommunikationsinstrumente und -formate, sondern nur ein Misfit von Maßnahmen einerseits sowie Zweck und Kontext andererseits.

Auch über Erfolgsindikatoren wird kaum nachgedacht. Was wollen wir erreichen und woran sehen wir, dass wir erfolgreich waren? Die Auseinandersetzung mit dieser Frage fördert nochmal einen ganz wichtigen Reflexionsprozess zu Change Communication.

12 ½. Change Communication muss Eitelkeiten bedienen können

Die Stakeholder-Analyse ist wohl eines der klassischsten Instrumente im Change Management. Ich würde sie ebenfalls als Tool in der Veränderungskommunikation sehen. Denn es geht nicht nur darum zu verstehen, wer einem Projekt mit welcher Haltung gegenübersteht und wie viel Einfluss er oder sie hat. Sondern es gilt ebenso: Menschen wollen gesehen werden. Das heißt für Change Communication in Bezug auf wichtige Stakeholder, Eitelkeiten bedienen zu können, eine Kommunikation zu betreiben, die für einen höheren Zweck, auch mal bereit ist, ein „Ego zu streicheln“.


Lassen Sie uns gerne über Change Communication austauschen. Kontaktieren Sie mich einfach unter jan.weilbacher@backup-hrpepper.paulvetter.de.

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