Gamification ist (k)ein einfacher Weg, um eLearning zu verbessern

E-Learning

Der Einsatz von Gamification erfreut sich gerade in einigen Bereichen der Personalarbeit immer größerer Beliebtheit. Doch wie wirksam ist die Anwendung spielerischer Elemente im Recruiting oder im Lernen tatsächlich? In der Wissenschaft lassen sich dazu interessante Erkenntnisse finden. Die Antwort: Es kommt drauf an. Vor allem sollte die jeweilige intrinsische Motivation des Mitarbeitenden adressiert werden.

Von Ruben Grasemann

Gamification ist zurzeit in aller Munde. In immer mehr Unternehmen wird die Methode eingesetzt, da sie als einfaches, kostengünstiges Tool verstanden wird, um die Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden zu erhöhen. Im HR-Bereich hat es neben dem Einsatz in der Personalauswahl und dem Recruiting vor allem im Bereich Lernen und bei Instruktionen Einzug gehalten. Kritiker sagen allerdings, dass Gamification nicht jeden Mitarbeitenden anspricht, der Fokus auf extrinsische Belohnungen nicht langanhaltend ist und die Gefahr besteht, unerwünschtes Verhalten zu bestärken. Die empirische Forschung kommt zu differenzierten Schlussfolgerungen.

Unter dem Begriff Gamification verstehen wir die Nutzung von Game-Design-Elementen im Non-Gaming Kontext, mit dem Ziel, die Einbindung und Motivation von Mitarbeitenden zu erhöhen (Deterding et al., 2011; Marache-Francisco, 2014). In der Regel wird dabei das grundlegende Gamification-Designelement angewendet, nämlich das Sammeln von Punkten, die der Nutzer durch den Abschluss einer Aufgabe oder Lerneinheit verdient (Koivisto & Hamari, 2019; Majuri et al., 2018). Nachdem eine gewisse Anzahl an Punkten erreicht ist, werden Mitarbeitende mit virtuellen Trophäen, Auszeichnungen oder Errungenschaften belohnt. Außerdem werden oft Ranglisten und eine Vielzahl weiterer Features, wie ablaufende Zeitmesser und Performance-Feedback genutzt. Ziel ist, dem Nutzer ein spielähnliches Erlebnis zu vermitteln. Dadurch eignet sich die Methode besonders gut, um virtuelle Programme ansprechender zu gestalten (Koivisto & Hamari, 2019). Im HR-Bereich wird Gamification derzeit vor allem in den Bereichen Recruiting und Personalauswahl, Performance Management, Instruktion und in Trainings- und Entwicklungsprogrammen genutzt (Saha, 2017).

Die Learning Experience wird unterschiedlich wahrgenommen

Hauptmotivator für Gamification im eLearning ist die Gestaltung von Lernprogrammen,  die ansprechend sind und Spaß machen, da derartige Lernumgebungen in starker Korrelation mit erhöhtem Lernerfolg stehen (Ebner & Holzinger, 2007; Prensky, 2010). Gamification-Elemente  in Trainingsprogrammen führen dazu, dass das Lernen als umfassend, belohnend und anwendbar wahrgenommen wird (Pappas, 2013). In einer der aktuell umfangreichsten Literaturanalysen zu dem Themenkomplex Gamification kamen Koivisto und Hamari (2019) nach der Analyse von 819 Publikationen zu dem Schluss, dass Gamification im Vergleich zu konventionellen Programmen mehrheitlich positive Resultate erzielt, insbesondere bezüglich der Anzahl der richtigen Ergebnisse durch die Teilnehmer, der Zeit, die das Training in Anspruch nimmt sowie der Teilnahme am Programm. Dennoch betonen die Autoren, dass diese Ergebnisse mit Vorsicht zu behandeln sind, da eine bemerkenswerte Anzahl von Studien ebenfalls zu gemischten Ergebnissen kommt. Daraus ist zu schließen, dass die jeweiligen individuellen Erfahrungen und Ergebnisse der Teilnehmer stark variieren (Koivisto & Hamari, 2019).

Gamification muss individuell zugeschnitten sein

Deterding (2015) konkludiert, dass der Effekt von Gamification auf das Individuum, neben persönlichen und demografischen Charakteristika, in hohem Maße abhängig ist von der Art der Aktivität, die in dem Programm durchgeführt wird, den Umgebungsfaktoren sowie der spezifischen Situation, in der das System genutzt wird. Er kritisiert, dass Gamification-Richtlinien und Frameworks die Tendenz haben, einem bestimmten Design-Element einen intendierten Effekt zuzuschreiben. Saha (2017) betont, dass Gamification zu falschen Anreizen und einem negativen Effekt in Bezug auf die Lernmotivation führen kann. Auch andere Studien kommen zu dem Schluss, dass die Methode so angewendet werden muss, dass die jeweilige intrinsische Motivation der Mitarbeitenden adressiert wird, damit die Methode auch längerfristig effektiv genutzt wird (Bhattacharyya et al., 2018). Die korrekte Konzeption eines gamifizierten Lernprogramms bedarf demzufolge zeitaufwendiger Recherche und Planung. Des Weiteren können hohe Kosten für Produktion, Equipment, Software und Training der Ausbilder entstehen.

Nicholson (2014) bezeichnet die maßgeschneiderte Herangehensweise als Meaningful Gamification und beschreibt Strategien, um diese umzusetzen, beziehungsweise zu erkennen. So soll Gamification dem Mitarbeitenden Autonomie geben, sodass dieser frei entscheiden können, wann, wo und auf welchem Endgerät er das Programm nutzen möchte (Play & Choice). Des Weiteren soll ein Narrativ implementiert sein, das das Gefühl von Neugierde und Aufregung unterstützt (Exposition). Außerdem erhöht die Menge und Qualität der Informationen, die den Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden, deren Bindung an das System (Information). Weitere wesentliche Features sind Möglichkeiten, um eine soziale Bindung zwischen den Mitarbeitenden zu gewährleisten, wie zum Beispiel Chaträume, Diskussionsforen oder andere Plattformen (Engagement). Schließlich muss gewährleistet sein, dass Mitarbeitende den zurückgelegten Lernweg rückwirkend betrachten können, damit Gelerntes nachhaltig verankert werden kann (Reflection).

Eine Abwägung für die Zukunft

Aktuelle Studien sind sich einig, dass Meaningful Gamification insbesondere auf jüngere Generationen, wie die Generation Y, starke positive Wirkung erzielt, da Bedürfnisse wie Autonomie, Transparenz, Neugierde und soziale Anerkennung adressiert werden (Bhattacharyya et al., 2018; Jain, 2018). Gamification könnte insbesondere in diesem Kontext eine bedeutende Rolle spielen, weil die Einbindung, Entwicklung und Motivierung zukünftiger Generationen als eine der Schlüsselherausforderungen für die Personalarbeit in der Zukunft gilt (Hershatter & Eppstein, 2010).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Personaler zum Beispiel Lern- und Trainingsprogramme durch Meaningful Gamification für Mitarbeitende spaßiger und annehmbarer gestalten können, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben (Saha, 2017). Dementsprechend ist die Methode empfehlenswert, wenn im Zuge der Digitalisierung ohnehin technologische Lösungen implementiert werden, um die Effizienz zu erhöhen, administrative Belastungen zu minimieren und Trainings zu geringeren Kosten einer immer größeren Anzahl von Mitarbeitenden bereitzustellen. Wenn Anbieter von Gamification und Entscheidungsträger innerhalb der Unternehmen sich also nicht für den Quick-Win entscheiden, sondern maßgeschneiderte Gamification konzipieren, könnte sich die Methode zukünftig zu einer Anwendung entwickeln, die Mitarbeitenden nachhaltig zu mehr Motivation bezüglich ihrer Rolle und Aufgaben verhilft und zu effektiverem Lernverhalten führt.

Quellen: