Mitarbeiterengagement hängt (nicht) nur von Führungskräften ab

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Unternehmen haben ein großes Interesse daran, dass das Engagement der Mitarbeiter hoch ist. Dies ist häufig eine Frage der guten Führung – aber auch die Mitarbeiter selbst tragen Verantwortung dafür, dass sie gute Leistungen bringen. Wichtige Erkenntnisse hierzu kommen aus der positiven Psychologie. 

Der seit 2001 von dem Beratungsunternehmen Gallup erhobene Engagement-Index gibt Auskunft über die emotionale Bindung von Arbeitnehmern zu ihrem Arbeitgeber in Deutschland. Demnach sind nur 15 Prozent der Arbeitnehmer mit Leib und Seele bei der Arbeit. Den gleichen Anteil machen solche Mitarbeiter aus, die bereits innerlich gekündigt haben. 70 Prozent der Arbeitnehmer sind gering gebunden und machen eher „Dienst nach Vorschrift“ (Gallup, 2016).

Ernüchternde Zahlen, die darüber hinaus etwas über die Produktivität am Arbeitsplatz sagen: Auf Basis der Befragung geht Gallup von einem volkswirtschaftlichen Gesamtschaden von mehr als 100 Milliarden Euro alleine in Deutschland aus, der durch fehlende Bindung und „Dienst nach Vorschrift“ entsteht. Ein nicht unerheblicher Wert, der mitunter auf schlechte Führung zurückzuführen ist (Gallup, 2016).

Was müssten Unternehmen und Führungskräfte also tun, um Mitarbeiterbindung und -engagement nachhaltig zu verbessern? Und was sind dabei die potenziellen Anforderungen an Mitarbeiter?

Führung und positive Psychologie im organisationalen Kontext

Neben der Gallup-Befragung, die sich mit Engagement befasst, hat das Konzept des Work Engagements die Aufmerksamkeit in der Wissenschaft auf sich gezogen. Es handelt sich hierbei um ein Konzept aus der positiven Psychologie, das sich lohnt näher zu betrachten.

Doch was genau ist die positive Psychologie? Sie ist eine Strömung der Psychologie, die entgegen der klassischen Psychologie nicht auf das Heilen von Krankheiten fokussiert ist. Vielmehr versucht sie auf bereits vorhandenen, positiven Eigenschaften aufzubauen und diese zu stärken (Seligman & Csikszentmihalyi, 2000). Sie zielt also darauf ab, ein Verständnis der psychischen Gesundheit und der Faktoren, die das Wohlbefinden fördern, zu erweitern (Gallagher & Lopez, 2008).

Ähnlich wie in der klassischen Psychologie hat sich die Forschung im organisationalen Kontext ebenfalls eher mit Themen wie Burnout, Stress oder Gewalt am Arbeitslatz beschäftigt. Work Engagement hingegen wird als positiver, erfüllender und arbeitsbezogener Geisteszustand beschrieben, der sich wiederum durch Vitalität, Hingabe und Absorption (das Aufgehen in einer Tätigkeit) auszeichnet (Schaufeli & Bakker, 2004). Zuweilen konnten bereits einige Erkenntnisse in Bezug auf Mitarbeiter und deren Leistungsfähigkeit gewonnen werden.  So können Mitarbeiter, die ein hohes Work Engagement aufweisen, ihr Potenzial besser entfalten, was sich wiederum direkt auf die Qualität der Arbeit auswirkt (Bakker & Leiter, 2010). Neben den positiven Auswirkungen für arbeitsbezogene Aufgaben, können auch positive Verhaltensweisen auf der psychologischen und sozialen Ebene festgestellt werden (Christian et al., 2011). Mitarbeiter agieren im organisationalen Kontext in einer Weise, die der Zusammenarbeit zuträglich ist und sich positiv auf den Einzelnen auswirkt.

Autonomie und Aufgabenvielfalt erhöhen das Engagement  

Die Forschung im Bereich des Work Engagements hat gezeigt, dass Autonomie, soziale Unterstützung durch die Führungskraft als auch durch Kollegen sowie eine Aufgabenvielfalt dazu beitragen, dass Mitarbeiter Motivation entwickeln, woraus wiederum Work Engagement entsteht. Dennoch gibt es auch Voraussetzungen, die Mitarbeiter mitbringen sollten: Optimismus, Selbstwirksamkeit, also die Überzeugung einer Person auch schwierige Situationen meistern zu können, Resilienz und Selbstachtung sind einige der Eigenschaften, die für die Bildung von Work Engagement relevant sind (Bakker & Demerouti, 2008). Demnach gibt es Erwartungen nicht nur an Führungskräfte, sondern auch an Mitarbeiter.

Klar ist, dass es keinen Führungsstil gibt, der universell für alle Organisationen genutzt werden kann. Über die Zeit hinweg wurde eine Vielzahl von Führungsansätzen entwickelt. Obgleich einige Konzepte mittlerweile veraltet erscheinen und durch neuere Forschungsergebnisse widerlegt wurden, so können doch einige Komponenten noch heute in bestimmten Kontexten Anwendung finden. Je nach Organisation, Kultur, Führungskraft oder Mitarbeiter leisten sie durchaus einen wertvollen Beitrag.

Führung an situative Faktoren anpassen

Führung sollte daher vielmehr an situative Faktoren wie den organisationalen Kontext, die Mitarbeiter und deren Aufgaben, die Teams und andere Rahmenfaktoren angepasst werden. Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass ein gewisses Maß an Vertrauen in die Mitarbeiter, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten einen positiven Einfluss auf das Engagement der Mitarbeiter hat. Diese wissen am besten, was ihnen guttut und was eben nicht. Mitarbeiter sollten daher an der Gestaltung ihres Arbeitsplatzes und den Aufgabenbereichen beteiligt werden.

Selbstreflexion ist eine wichtige Eigenschaft, um den eigenen Führungsstil zu hinterfragen und entsprechend anzupassen. Es gilt, genau hinzuschauen, welche Stärken Mitarbeiter mitbringen und wie diese gewinnbringend eingesetzt werden können. Ein erster Schritt in Richtung einer nachhaltigen Mitarbeiterbindung sowie einer höheren Leistungsfähigkeit ist es auch, den Mitarbeiter zu fragen: Was brauchst du?

Davon unbenommen bleibt, dass Mitarbeiter zu der Organisation passen sollten, für die Stelle qualifiziert sein und sich mit der Führungskultur identifizieren können. Nur so können Führungskraft und Mitarbeiter erfolgreich miteinander arbeiten.

Den wissenschaftlichen Erkenntnissen aus dem Bereich der positiven Psychologie sollte mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Immer mit dem Ziel das Wohlbefinden der Mitarbeiter sowie deren Bindung zum Unternehmen zu verbessern und damit die Leistungsfähigkeit der Organisationen zu steigern. Letztlich gibt es viele Maßnahmen, die zum Wohle der Mitarbeiter ergriffen werden können, doch sie müssen immer den Unternehmenszielen dienlich sein und sollten daher von den Verantwortlichen gut gewählt sein.

 

Quellen: