Niedergang eines Ausbildungsberufs – Bankkaufmann/-frau überlebt (nicht)

Die Ausbildung zum Bankkaufmann/-frau wurde früher oft als „Königsdisziplin“ innerhalb der kaufmännischen Ausbildungsberufe bezeichnet. Oft war sie Grundlage für erfolgreiche Karrieren in der Finanzdienstleistungsbranche oder auch in anderen Industrien. Nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss standen einem viele Türen offen.

Heute scheinen andere Gesetzmäßigkeiten zu gelten: Die Finanzdienstleistungsbranche hat seit der Finanzmarktkrise und mit der einhergehenden Transparenz über die Art und Weise, wie und welche Bankgeschäfte abgewickelt werden, massiv an Vertrauen und Status verloren. Zudem streben die jungen Schulabgänger immer weniger danach, direkt nach Schulabschluss einen Ausbildungsberuf zu starten. Vielmehr stehen internationale Lebenserfahrung durch Auslandsaufenthalte oder die Aufnahme eines Studiums höher im Beliebtheitsranking (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2016).

Erschwerend kommt für die Branche hinzu, dass vorhandene Rahmenbedingungen mehr als schwierig sind, um sehr personalintensive Geschäftsmodelle nachhaltig wirtschaftlich erfolgreich gestalten zu können: flache Zinsstrukturkurve, hoher Regulierungsdruck und verändertes Kundenverhalten durch die zunehmende Digitalisierung sind nur einige Herausforderungen, vor denen Geschäftsmodelle aktuell stehen und teilweise scheitern.

Im Gegensatz zu klassischen Geschäftsbanken oder auch Volksbanken/ Sparkassen stellen sich Non-Banks und FinTechs wie moneymeets, munio oder vaamo viel besser auf diese neuen Marktgegebenheiten ein. Hier sind häufig die Gründe für Filialsterben und verändertes Kundenverhalten im Zahlungsverkehr zu finden. Wer sucht heute noch eine klassische Bank auf, wenn Bankangestellte nur noch das vorlesen, was ihnen die Software bzw. der Computer sagt (Kurz/Rieger, 2013) – können es Kunden nicht selbst nachlesen?

Die Deutsche Industrie und Handelskammer (DIHK, 2015) ist sich bewusst, dass die Veränderung vom Bankschalter zum „Bank-Browser“ geebnet ist. Hinzukommt, dass ca. 60 % der finanzwirtschaftlichen Unternehmen erhöhten Qualifizierungsbedarf ihrer Nachwuchs- und Fachkräfte sehen. Die unzureichenden Kompetenzen von Mitarbeitern sehen 40 % der befragten Unternehmen als Hemmnis, sich auf den digitalen Trend einzustellen. Durch die Rationalisierungswirkung hinsichtlich der Beschäftigungsverhältnisse vermutet die DIHK im Bankwesen einen der stärksten Personalveränderungsprozesse der Wirtschaft (DIHK, 2015). Aktuelles Beispiel für diese Vermutung ist die Commerzbank. In ihrer Presseinformation vom September 2016 geht die Commerzbank darauf ein, dass es bis 2020 „durch die Automatisierung von Arbeitsabläufen zu einem Stellenabbau in Höhe von rund 9.600 Vollzeitkräften“ kommen wird. „Gleichzeitig werden rund 2.300 neue Stellen in Wachstumsfeldern entstehen.“

Auch die Lehrpläne und Richtlinien klassischer Ausbildungsberufe reagieren derzeit nur schleppend auf die veränderten Anforderungen an das Bankpersonal. Während einzelne IHK-Geschäftsstellen, wie die in Oberberg/Gummersbach, relativ autark den Modernisierungsbedarf vor allem technischer Ausbildungsberufe identifizieren, betonen die verantwortlichen Referatsleitungen der DIHK, dass die „Ausbildungsordnungen technikunabhängig formuliert sind und Inhalte stets durch die Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen individuell angepasst werden können“ (Leendertse, 2016).

Auch HRpepper zweifelt daran, ob dieser Ausbildungsberuf in der bestehenden Form bzw. der relativ geringen Veränderungsdynamik eine Zukunft hat. Für uns stellen sich die Fragen, wie nachhaltig der Beruf des/-r Bankkaufmanns/-frau ist bzw. mit welcher Art von Personal eine Bank noch erfolgreich ist?

Der Faktor Mensch wird in dieser Branche an Bedeutung verlieren, Maschinen werden den Bankkaufleuten deren Dienstleistungen abnehmen (Kurz/Rieger, 2013). Es sind u. a. drei Perspektiven, die durch Studien belegt und unserer Meinung zu beachten sind, um die Frage zu beleuchten (Bain&Company, 2012).

1. Der Kunde wird durch den offenen Zugriff auf finanzwirtschaftliches Wissen und die Vereinfachung des Anlagen-/Wertpapiergeschäfts selbst zum Bankexperten.

2. Das Bankinstitut allein könnte durch das leicht zugängliche (Online-)Produktportfolio für Kunden auf das Personal verzichten, da das Abschließen von Verträgen bspw. durch self-ident-Funktionen erleichtert wird.

3. Die Nachwuchs- und Fachkräfte interessieren sich eher für eine akademische Laufbahn, um langfristig möglichst breit im Finanz- und Bankensektor aufgestellt zu sein (obwohl die Bewerbungen auf Ausbildungsplätze und weitere fachspezifische Stellen nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2016) in den letzten Jahren eher gleich geblieben sind).

Jedem dieser drei Perspektiven kann HRpepper unter Hinzunahme seiner Beratungserfahrungen und persönlicher Gespräche ein Für und Wider benennen. Insbesondere die ersten zwei Ansichten haben eine gemeinsame Herausforderung; die Sozial- und persönliche Beratungskompetenz eines Menschen. Die fachlichen Kernkompetenzen eines/-r Bankkaufmanns/-frau wachsen hin zu viel wichtigeren und nachgefragten, kundenorientierten Sozialkompetenzen einer Beratung. Eine konstruktive Offline-Beratung zwischen Kunde und Bankberater kann durch eine gute Online-Beratung für den Kunden vorbereitet werden. Genauso hat eine für Bankberater und Kunde zugängliche Online-Dokumentation das Potenzial, lebenslang weiter bearbeitet zu werden.

Auch alle FinTechs benötigen bisher einen Bankpartner. Blicken wir bspw. auf die Bedingungen, die einer Aufsicht unterliegen müssen. Wenn am Ende der persönliche Kontakt und die Erfahrung sowie Expertise eines Menschen angefordert wird, kann die Zukunft der traditionellen Finanzbranche darin liegen.

Beim dritten Punkt geht HRpepper davon aus, dass bankfachliches Wissen on-the-job erlernt werden kann, sodass es unter jetzigen Verordnungen und Inhalten der Ausbildungsrahmenlehrpläne langfristig keiner direkten Banklehre bedarf. Wir erkennen, dass vor allem große Unternehmen momentan durch betriebsinterne Weiterbildungsprogramme die Veränderungen selbst in die Hand nehmen. Da aber jedes Unternehmen seine eigenen Qualifizierungsprogramme aufsetzt, dringt der Bedarf nach angepassten Ausbildungsordnungen nur selten an die IHKs. Die DIHK bestätigt diese Erkenntnis (Leendertse, 2016) und betont, dass alle beschäftigten Fachkräfte über digitale Kompetenzen verfügen müssen, um in ihrer Domäne künftig handlungsfähig zu sein (DIHK, 2015).

Die Diskussion darüber, wie die Ausbildungsberufe an die aktuellen Herausforderungen des Marktes angepasst werden können, hat gerade erst begonnen. 

Quellen