Performance messen ist (nicht) einfach

202102

Da Performance Management überaus positive Effekte erzielen kann, beschäftigt es seit Jahrzehnten Organisationen sowie Wissenschaftler. Während die Relevanz für den Unternehmenserfolg mehrfach belegt ist, häufen sich jedoch Beispiele aus der Praxis, in denen die Leistungssteigerung nicht greift. Wie kommt das Auseinanderdriften der Forschungsergebnisse und der Anwendung in der Praxis zustande – und worauf sollten Organisationen bei der Gestaltung eines erfolgreichen Performance Managements achten?

Von Linda Coldewey

Was bedeutet Performance (Management)?

Performance Management (PM) lässt sich aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten, etwa aus der Finanz- oder Change-Perspektive. In diesem Text nehmen wir eher die Personal-Perspektive ein. “Performance” bezeichnet hier den Wertbeitrag bzw. die Leistung eines Mitarbeitenden, die er/sie über einen zeitlichen Verlauf für eine Organisation erbringt und welche auf die gesamtorganisationale Leistung einzahlt (Schneider & Stutz, 2018). Mit “Performance Management” ist das Messen und Steuern der Leistung von Mitarbeitenden gemeint. Dafür lassen sich unterschiedliche Systeme nutzen (Tweedie, Wild, Rhodes & Martinov-Bennie, 2019), bei denen PM verschiedene Funktionen einnimmt, die nicht immer ganz trennscharf sind:

  • Kurz- oder langfristige Leistung treiben,
  • Ressourcen auf Unternehmensziele fokussieren,
  • Leistung belohnen,
  • individuelle Leistungsniveaus verbessern und
  • begrenzte Ressourcen allokieren bzw. für einen bestimmten Zweck bereitstellen (Schneider & Stutz, 2018).

Steigende Anforderungen durch externe Einflüsse

Es geht also um Leistungssteigerung. So verwundert es kaum, dass das PM seine Wurzeln im Militär hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand es Einzug in Unternehmen, um in erster Linie die operative Effizienz zu steigern. Nach dem Industriezeitalter lag der Fokus wiederum auf dem Thema Effektivität, wobei die PM-Systeme durchaus als (nach wie vor) hierarchisch zu bezeichnen sind, da Mitarbeitende top-down in Bezug auf ihre Leistung gesteuert wurden. Mittlerweile ist die Arbeitswelt deutlich komplexer. Ursprüngliche PM-Systeme stoßen an ihre Grenzen. Vor dem Hintergrund einer sich ständig verändernden Umwelt sowie der Einflüsse durch Megatrends wie Digitalisierung oder Fach- und Führungskräftemangel sind die Anforderungen an das PM gestiegen. Daher sollte PM heute eher ganzheitlich gedacht werden und die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Arbeitshaltung und Leistungskultur unterstützen, um das Unternehmensergebnis zu steigern (Schneider & Stutz, 2018).

Performance Management in der Kritik

Trotz der hohen Relevanz stehen einige Organisationen dem PM kritisch gegenüber. Nicht zuletzt deshalb, weil die Effektivität vor dem Hintergrund der Fairness infrage gestellt wird oder weil teilweise keine Effekte zwischen Feedbacksystemen und Leistungen festgestellt werden (Hancock, Hioe & Schaninger, 2018 und Dariano & Johnson, 2020). Zuweilen empfinden Mitarbeitende die Kennzahlen, anhand derer sie bewertet werden, als nicht passend für ihre eigentliche Arbeit. Oder sie haben gar den Eindruck, von den falschen Personen und nicht objektiv bewertet zu werden. Das Ergebnis eines Performance Managements kann deshalb auch ein Rückgang, anstelle einer Steigerung von Leistung in Organisationen sein (Latham, Almost, Mann & Moore, 2005).

Positive Effekte konnten belegt werden

Wie oben bereits erwähnt, können PM-Systemen unterschiedliche Funktionen zukommen. Die Wissenschaft unterscheidet bei PM-Bewertungen verschiedene Fokuspunkte, etwa den entwicklungs-, kontroll- oder den ergebnisorientierten Fokus. Einige Forscher argumentieren hier, dass PM nur dann effektiv ist, wenn es entwicklungsorientiert eingesetzt werde (Combs, Liu, Hall & Ketchen, 2006).
In der Forschung zeigen sich selbstverständlich immer dann positive Effekte von PM, wenn dieses richtig genutzt und eingeführt wird. Die belegbaren positiven Effekte reichen von der verbesserten Mitarbeiterleistung über ein höheres Engagement bis hin zum Commitment der Mitarbeitenden (Tweedie et al., 2019). Darüber hinaus führt PM zu einer geringeren Mitarbeiterfluktuation, höheren Jobzufriedenheit sowie zu besseren Entscheidungen, welche sich letztlich positiv auf die organisationale Leistung auswirken.

Studien zeigen darüber hinaus, dass ganze “High Performance Work Practice”-Systeme (HPWP) einen stärkeren Einfluss auf die organisationale Leistung haben als individuelle HPWP. Unter HPWP sind solche Praktiken zu verstehen, die leistungssteigernd wirken (Combs et al., 2006).

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Effekte in produzierenden Unternehmen höher ausfielen als in Serviceunternehmen. Hierfür lassen sich unterschiedliche Erklärungen heranziehen. Eine besteht darin, dass HPWP besser mit Tätigkeiten in produzierenden Unternehmen abgestimmt sind (Combs et al., 2006). Dies lässt sich durchaus mit der oben beschriebenen Historie von PM in Verbindung bringen.
Welche Erfolgsfaktoren sollten Organisationen daher bei der Gestaltung von PM berücksichtigen?

Modernes PM erfordert eine entwicklungsorientierte Haltung

Vor dem Hintergrund der Studienergebnisse sollten die folgenden Aspekte bei einem modernen Performance Management berücksichtigt werden:

  • Ziel des PM sollte es nicht mehr sein, die Leistungen einzelner zu erfassen und zu managen, sondern z.B. Teamziele zu entwickeln. Organisation tun gut daran, ein entwicklungsorientiertes PM anzustreben, statt den Fokus auf die Kontrolle zu richten.
  • Es ist nicht ausreichend, PM-Bewertungen jährlich oder einmal im Quartal durchzuführen (Latham et al., 2005). Sie müssen vielmehr kontinuierlich von Führungskräften und Mitarbeitenden betrachtet und reflektiert werden, um entsprechende Maßnahmen ableiten zu können (Schneider & Stutz, 2018).
  • Für ein ganzheitliches PM und zur Entwicklung der Kennzahlen sind alle relevanten Stakeholder zu involvieren: von Vertretern aus den jeweiligen Bereichen (Mitarbeitende und Führungskräfte) über solche aus den Finanzen bis hin zu HR-Vertretern und jenen der Unternehmensentwicklung.
  • Für den langfristigen Erfolg von PM in Organisationen ist es wichtig, dass Kennzahlen auf operativer Ebene für unterschiedliche Unternehmensbereiche gesammelt und später mit den strategischen Zielen oder den Finanzkennzahlen verknüpft werden.
  • Auf kultureller Ebene sollte Leistung Teil der Unternehmenskultur und den damit verbundenen Werten sein, sowie kollektiv verstanden und gelebt werden. Hierfür braucht es Führungskräfte, die kontinuierliches Feedback und Austausch leben. Darüber hinaus sollten Organisationen PM als strategischen und nicht ausschließlich als bürokratischen HR-Prozess verstehen.

Quellen: