Wie ein Sabbatical (un)wahrscheinlich erfolgreich wird

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Das Sabbatical hat sein Gewand als verlängertes Urlaubssemester für Dozierende und Beamte längst zugunsten des Status eines attraktiven Karrierekonzepts abgelegt. Doch welchen Nutzen bringt die Auszeit tatsächlich für das Unternehmen? Und welche Chancen und Risiken sind für die Arbeitnehmer damit verbunden?

Von Julian Hetzmann

Laut aktuellen Umfragen wünschen sich zwei Drittel der Bundesbürger ein Sabbatical (Pilgram, 2018): Gehen wir von knapp 44,8 Millionen erwerbstätigen Menschen in Deutschland aus, so träumte im September 2018 eine unglaubliche Anzahl von rund 22,6 Millionen Arbeitskräften im Büro von der verlängerten Auszeit (Statistisches Bundesamt, 2018). Kein Wunder also, dass das Sabbatjahr sich in den vergangenen Jahren von einem eher exotischen Konzept für Dozierende und Beamte zu der Geheimwaffe des geschickten Personalmarketings sowie Employer Brandings entwickelt hat. Die Bandbreite der Nutzung von Sabbaticals variiert dabei von MBA-Programmen über Hospitationen in anderen Unternehmen und ehrenamtliche Arbeit bis zu Reisen oder sogar dem reinen Müßiggang. Für die Betrachtung dieses Artikels definieren wir das Sabbatical als Auszeit von der eigentlichen Festanstellung (in der Regel 6-12 Monate) innerhalb eines weiterhin bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Die Vorteile für das Unternehmen sind dabei gut belegt. Auf Grundlage deutscher Panel-Daten konnte Folgendes bestätigt werden: Bietet ein Unternehmen die Möglichkeit an, ein Sabbatical zu nehmen, so wirkt sich das positiv auf die erlebte Arbeitgeberattraktivität, die Gesundheit und die Wechselbereitschaft des Personals aus. Der Effekt ist dabei sogar noch größer, als das Angebot flexibler Arbeitszeiten oder Home Office (Kröll, & Nüesch, 2017). Zudem kann, unabhängig vom Alter der Mitarbeitenden, sogar die Arbeitsleistung und das Engagement durch ein Sabbatical gesteigert werden (Bal & De Lange, 2015). Auf der anderen Seite zeigen Studien, dass Deutschland in der Nutzung von Sabbaticals im internationalen Vergleich deutlich hinter den Möglichkeiten bleibt (Altmann & Kröll, 2018). Gerade für kleine Unternehmen erweist es sich in der Praxis häufig als schwierig, eine Person vollständig für ein Jahr zu ersetzen. Entsprechend haben viele Führungskräfte in Deutschland auch Vorbehalte gegen das Format.

Aktuelle Untersuchungen zeigen paradoxe Effekte auf Mitarbeitende

Eher kritischere Untertöne über die Auswirkungen und Rahmenbedingungen eines Sabbaticals kommen jüngst auch aus der Forschung. Zentral ist hier das sogenannte „Flexibilitäts-Stigma“ (Altmann & Kröll, 2018). Dieses Phänomen beschreibt nachteilige Auswirkungen auf Mitarbeitende, die Gebrauch von Angeboten wie flexiblen Arbeitszeiten, Home-Office-Regelungen oder Sabbatical machen (Cech & Blair-Loy, 2014). Experimentelle Studien zeigen, dass Führungskräfte impliziten Schlussfolgerungen über die Gründe des Sabbaticals erliegen.

Werden die Gründe für das Sabbatical des Mitarbeitenden vor allem als das Nachkommen privater Verpflichtungen attribuiert – wie beispielsweise Zeit für Familie, Urlaub oder Erholung –, so werden die Mitarbeitenden als weniger engagiert und motiviert wahrgenommen (Leslie et al., 2012). Entsprechend verhalten sich Führungskräfte zurückhaltend mit Gehaltserhöhungen und Beförderungen. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt ausgerechnet bei Frauen und Mitarbeitenden mit Kindern. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, wenn die Führungskraft in der Annahme ist, das Sabbatical werde genutzt, um die berufliche Leistungsfähigkeit zu steigern (Leslie et al., 2013). Negative Konsequenzen drohen auch durch Kolleginnen und Kollegen: Allzu häufig wird die Arbeitslast während der Abwesenheit auf viele Schultern umverteilt, was zu aversiven Reaktionen seitens des Arbeitsumfelds führen kann. Ein verschlechterter Zusammenhalt und Stigmatisierung können schlimmstenfalls die Folge sein (Carr, 2005). Ironischerweise zeigen Studien aber auch, dass gerade die Mitarbeiter, die flexible Arbeitsmodelle in Anspruch nehmen, in der privaten Domäne besonders intensiv und lange Arbeitszeiten pflegen (Putnam et al., 2014).

Drei Spannungsfelder rechtzeitig adressieren

Für Mitarbeitende empfehlen sich drei Spannungsfelder vor dem geplanten Sabbatjahr zu adressieren:

  1. Vertragliche Rahmenbedingungen gestalten und Erwartungen klarstellen: Schaffen Sie offizielle Klarheit über die Rahmenbedingungen und ein gegenseitig getragenes Verständnis über Ziele und Bedingungen des Sabbaticals. Tatsächlich werden Sabbaticals häufig informell verhandelt, was zu gemischten Resultaten in der Wahrnehmung durch Führungskräfte und Kolleginnen und Kollegen führen kann (Altmann & Kröll, 2018). Stellen Sie zunächst für sich klar, welche Absichten Sie mit dem Sabbatical verfolgen.
  2. Unterstützung von der Führungskraft gewinnen und das Umfeld rechtzeitig abholen: Beziehen Sie Führungskräfte und Kolleginnen und Kollegen frühzeitig in die Planung mit ein. Finden Sie eine geeignete Vertretungsregelung und bereiten Sie Ihre Rückkehr rechtzeitig vor. Gewinnen Sie vor allem die Unterstützung Ihrer Führungskraft, denn eine kohärente Kommunikation in Bezug auf Sabbaticals seitens der Führung ist entscheiden (Putnam et al., 2014). Machen Sie klar, welche Vorteile das Sabbatical für Ihre berufliche Entwicklung bringen wird.
  3. Persönliche Autonomie erhalten und nicht in die Flexibilitätsfalle tappen: Widerstehen Sie der Versuchung, Ihre gewonnene Freiheit zu nutzen, um auf der Arbeit nach dem Rechten zu sehen oder organisationalen Verpflichtungen nachzugehen. Studien zeigen, dass Arbeitnehmer mit größerer Autonomie in der Gestaltung der Arbeit dazu neigen, ein erhöhtes Arbeitspensum als Kolleginnen und Kollegen mit festen Arbeitszeiten zu bewältigen (Putnam et al., 2014). Fokussieren Sie die vereinbarten Ziele und die Bereicherung Ihres privaten Lebens.

Quellen: